Nachgefragt
Wirtschaft
„Die Verpackungsindustrie ist tendenziell resilient“
Mit mehr als 25 Jahren Erfahrung im Markt unterstützt Gregor Nischer globale Industrieunternehmen, insbesondere aus dem Verpackungssektor, bei der Abwicklung von Transaktionen.
Herr Nischer, steigende Kosten sowie die allgemein angespannte wirtschaftliche und geopolitische Situation setzten kleinere und mittelständische Verpackungshersteller bereits im vergangenen Jahr erheblich unter Druck. Haben diese Unsicherheiten den Markt für Transaktionen befeuert? Befeuert wäre etwas übertrieben zu sagen. Die Verpackungsindustrie ist im Vergleich zu anderen Industriesektoren tendenziell resilient. Das hat sie in den vergangenen Jahren und im Zuge der diversen Krisen erfolgreich unter Beweis gestellt. Hinzu kommt, dass sich seit den starken Rohstoffpreisschwankungen der Vergangenheit sogenannte Preisgleitklauseln in der Industrie durchgesetzt haben. Diese decken mittlerweile die wesentlichen Kostenblöcke ab, wodurch die Industrie diese Kosten auch „relativ“ schnell an die Kunden weitergeben kann. Welche Dynamiken erwarten Sie in Sachen Zukäufe und Fusionen für das restliche Jahr? Die Verpackungsindustrie ist in ganz Europa nach wie vor extrem fragmentiert. Und der Größendruck auf die Unternehmen, vor allem auf die kleineren und mittleren Player, nimmt kontinuierlich zu. Die steigenden Anforderungen seitens der Kunden sowie der Rohstoffeinkauf sind dabei nur zwei Aspekte, mit denen größere Unternehmen deutlich leichter fertig werden. Insbesondere die „Mega-Merger“ des vergangenen Jahres, wie Amcor-Berry, Constantia Flexibles-Aluflexpack oder Smurfit-Westrock, werden den Größendruck auf die Mittelständler der Branche nochmals verstärken, wodurch auch die Konsolidierung wieder stärker Fahrt aufnehmen wird. Private-Equity-Investoren waren in der Verpackungsbranche zuletzt sehr aktiv. Setzt sich dieser Trend fort oder sehen Sie eine Rückkehr strategischer Käufer, die ihr Portfolio gezielt erweitern? Das Vorgehen vieler Private-Equity-Investoren in den vergangenen Jahren innerhalb der Verpackungsindustrie war nicht zwingend sehr aktiv, sondern eher sehr selektiv. Das lag vor allem daran, dass insbesondere die Unsicherheiten im Lichte der EU-Verpackungsordnung PPWR für viele Investoren schlichtweg zu groß waren. Aktuell sehen wir auf Käuferseite ein sehr ausgewogenes Bild zwischen Finanzinvestoren und Strategen, wenngleich Finanzinvestoren eher an Buy-&-Build-Strategien Interesse haben, um Synergien zum Beispiel mit bestehenden Portfoliounternehmen realisieren zu können. Welche Sektoren stehen aktuell besonders im Fokus? Wo sehen Sie die größten Investmentpotenziale? Wir sehen über die Sektoren Flexibles-, Rigid- sowie Papier- beziehungsweise Kartonverpackungen eine ausgewogene Balance an Transaktionen. Für die kommenden Monate sind die Potenziale sicherlich in den Bereichen am höchsten, in denen man kurzfristige Synergien heben kann: insbesondere im Rohstoffbereich. Wie stark beeinflussen europäische Vorgaben zur Kreislaufwirtschaft, wie beispielsweise die PPWR, und technologische Trends den M&A-Prozess in der Branche? Massiv. Wie oben erwähnt, ist die Verunsicherung diesbezüglich vor allem auf Seite der Finanzinvestoren nach wie vor sehr groß. ESG und vor allem der Nachhaltigkeitsaspekt stehen im Fokus vieler Due-Diligence-Prüfungen. Zeitgleich erhöhen die steigenden ESG-Vorgaben auch den Konsolidierungsdruck auf die gesamte Branche. Für kleinere Unternehmen wird es zunehmend schwerer, mit den draus resultierenden und notwendigen Investitionen – vor allem im Bereich F&E zur Entwicklung der entsprechenden Lösungen – zurecht zu kommen. Das befeuert Transaktionen.