Thermokunststoff

Biobasierte Kunststoff-Alternative

Der erneuerbare, biobasierte Thermoplast Renol bietet eine Alternative zu Kunststoff auf fossiler Basis.

Lignin Industries hat ihn sich gleich patentieren lassen: den Thermoplast Renol. Laut Unternehmen ist er erneuer­bar, biobasiert und wird aus Lignin gewonnen, einem kom­plexen organischen Polymer, das nach Zellulose als das zweithäufigste natürliche Polymer auf der Erde vorkommt. Traditionell ist Lignin ein wenig genutztes Nebenprodukt der Forst- und Landwirtschaft, das oft zur Energie­gewinnung verbrannt wird. Laut dem schwedischen Unter­nehmen Lignin Industries steckt jedoch reichlich Poten­zial in dieser erneuerbaren Ressource. So nutzte das Unter­nehmen die einzigartigen chemischen Eigenschaften des Stoffes, um eine biobasierte Alternative zu herkömmlichem Kunststoff zu schaffen – Renol. 2018 in Schweden gegründet, entstand die Technologie von Lignin Industries aus der Überschneidung der akademi­schen Arbeit des Firmengründers Dr. Christopher Carrick und seiner familiären Verbundenheit mit der ­europäischen Forstindustrie, die über fünf Generationen in die Vergangen­heit reicht. Grüne Chemie zur Wiederverwertung von Rest­stoffen aus der Forstindustrie und die Vision, die Zukunft von Kunststoffen neu zu gestalten, verhalfen ­Carrick zur Entwicklung des neuen Thermoplasts. Die erste Pro­duktionsanlage und der Hauptsitz von Lignin Industries befinden sich in Knivsta, in der Region Stockholm. Zur Herstellung von Renol wird Lignin mit biobasierten Ölen extrudiert. Das Ergebnis ist ein thermoplastisches Granu­lat, das sich nahtlos in bestehende Fertigungsprozesse einfügen lässt. Es lässt sich entweder mit recycelten oder neuen Polymeren mischen, was die Herstellung von Hoch­leistungs-Kunststoffprodukten ermöglichen kann. Gleich­zeitig soll die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen verringert werden.

Bild: Lignin Industries

Wie Renol hergestellt wird

Renol ist nach Angaben von Lignin Industries vielseitig und eignet sich als Drop-in-Material für Produkte in einer Vielzahl von Branchen. Mögliche Anwendungen sind Poly­ethylenfolien, Polypropylenprodukte und ABS-Komponenten (Acrylnitril-Butadien-Styrol). Speziell im Bereich Ver­­packung habe Renol Potenzial, wo es sich in Verpackungen für den elektronischen Handel integrieren lässt, den CO2-Fußabdruck senkt und gleichzeitig Halt­barkeit und Festigkeit erhalten bleiben. In Polypropylen- und ABS-Anwendungen könne Renol als Masterbatch dienen, um die Abhängigkeit von ­Materialien auf fossiler Basis zu verringern und gleichzeitig hohe Leis­tung sowie einen reduzierten CO2-Fußabdruck ­ermögli­chen, so Lignin Industries. Diese Anpassungsfähigkeit soll Her­steller unterstützen, Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, ohne Kompromisse bei der Verarbeitungskapazität, der Materialstärke oder der Qualität einzugehen. Derzeit laufen Versuche in der späten Entwicklungsphase in der Unterhaltungselektronik, bei Haushaltsgeräten und im Bausegment, wobei mehrere Markteinführungen im Jahr 2025 geplant sind. Renol wird derzeit in der Anlage von Lignin Industries in der Nähe von Stockholm hergestellt. Die Innovation von Renol bestehe darin, dass forst- und landwirtschaftliche Nebenprodukte in hochwertige Materialien umgewandelt werden können, anstatt sie wegzuwerfen oder ineffizient zu nutzen, so das Unternehmen. Die patentierte Technologie wandelt Lignin durch Vermischung mit Bioölen in ein hochleistungsfähiges thermoplastisches Granulat auf Biobasis um. Das so entstan­dene Material lässt sich als direkter Er­satz für herkömmliche Kunststoffe auf fossiler Basis einsetzen. Das Masterbatch fungiert als Drop-in-Material, das leicht mit verschiedenen Arten von ­recycelten und neuen Polymeren gemischt werden kann. Die Polymermischung lässt sich dann für spezifische Anwendungen umwandeln und könne eine vollständig zirkuläre Produktion unter­stützen, die mit standardisierten Recyclingverfahren kompa­tibel ist, so Lignin Industries.

Einsatz von Renol in der Verpackungsindustrie

Lignin Industries arbeitet derzeit mit Industriepartnern zusammen, um die Produktion von E-Commerce-Verpackungslösungen, die Renol enthalten, zu steigern. Dieser Ansatz könne die CO2-Emissionen in der gesamten Lieferkette erheblich re­duzieren, so das Unternehmen. Gleichzei­tig ­blieben Haltbarkeit und Schutzeigen­schaften erhalten und Marken, die ihre Verpackungen nachhaltiger gestalten wol­len, könnten ihre Nachhaltigkeitsziele damit erfüllen. Es handele sich um eine wirklich skalierbare Lösung. Ein weit verbreiteter Irrglaube bei nach­haltigen Verpackungen sei, dass Papiertüten von Natur aus umweltfreundli­­cher seien als Alternativen aus Kunststoff. Eine umfassende Analyse, die ­sowohl Daten zu Treibhausgasemissionen als auch zum Energie­verbrauch, zum Frischwasserver­brauch und zu den Transport- und Lager­kosten umfasst, ergibt jedoch ein differenzierteres Bild. Lignin Industries hat eine vergleichende Studie über drei verschiedene Arten von E-Commerce-Taschen durchgeführt: Kraftpapiertaschen, Taschen aus recyceltem Kunststoff und E-Com-Taschen von Lignin Industries, die sowohl recycelten als auch biobasierten Kunst­stoff verwenden. Die Ergebnisse zeigen laut Unternehmen, dass Papiertüten bis zu dreimal mehr Lagerfläche benötigen, was die Logistik- und Transportkosten erhöht. Im Gegensatz dazu böten E-Com-Beutel auf der Basis von Renol sowohl ökologische als auch funktionale Vorteile: geringere Emissionen, einen reduzierten Energieverbrauch und verbesserte Lager­effizienz.

Renol und die PPWR

ie Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle (PPWR) zielt darauf ab, Verpackungsabfälle zu vermeiden und zu reduzieren, die Verwendung von recy­celten Kunststoffen sicher zu erhöhen und die Verwendung von neuen Materialien in Verpackungen zu verringern, mit dem übergeordneten Ziel, dass der Sektor bis 2050 klimaneutral wird. Als recycelbare Alternative zu herkömmlichen, auf fossi­len Rohstoffen basierenden Kunststoffen, sei Renol eine passende Alternative, so Lig­nin Industries. Ein wichtiger Bereich, in dem das Material seine Übereinstimmung mit den gesetzlichen Bestimmungen unter Beweis stelle, seien Verpackungen für den elektro­nischen Handel. Die mit Renol ­hergestellten E-Commerce-Taschen bieten laut Unternehmen die gleiche Haltbarkeit und Flexibilität wie herkömmliche Kunststofftaschen. Die Beutel lassen sich zudem in den üblichen LDPE-Recyclingströmen re­cyceln, was zwei kürzlich erhaltene Inter­zero-Zertifizierungen belegen. Der Thermoplast ist laut Unternehmen außerdem mit bestehenden Verarbei­tungsmaschinen kompatibel und ermög­licht so eine Produktion in großem Maß­stab ohne kostspielige Umrüstung. Ver­schiedene gebrauchsfertige Verpackungs­produkten auf der Basis von Renol seien bereits erhältlich, unter anderem in Form der beschriebenen Beutel und Verpa­ckungsmaterialien für den elektronischen Handel.