Bereit für Rekuperation von Bremsenergie, Einsatz als Kurzzeit-USV, zur geregelten Lastspitzenreduzierung und Feldbuskommunikation: Aktive Energiemanagementgeräte der Pxt-Familie.

Bilder: Koch 

 Aktives Energiemanagement

Weit mehr als höhere Energieeffizienz

Auf der Interpack 2023 war er einer der Stars auf dem Stand von Gerhard Schubert – ein schlanker Cobot mit dem Namen tog.519. Mit rekordverdächtigen 90 Picks pro Minute greift er zielgenau in chaotischen Produkthaufen und platziert jedes Stück exakt am vorgesehenen Platz. Das aktive Energiemanagementsystem PxtFX von der Michael Koch GmbH unterstützt ihn dabei in mehrfacher Weise.

Elegant steht er da, eine silber-schwarze Säule, rund zwei Meter hoch auf seinem Sockel in Palettengröße mit Aussparungen für einen Hubwagen, oben abge­schlossen mit einer Art Dach mit einer integrierten LED-Leiste. Auf zwei Drittel Höhe ragt der Scara-Arm heraus, die erste Achse in der Säule. Für Achraf Ben Salem, dem Leiter der Cobot-Entwicklung bei Schubert und seinem Team ist der Cobot tog.519, das erste offizielle Produkt für Schubert. „Bei der Entwicklung hatte ich viel Frei­raum, konnte gute Leute einstellen und unsere Kreativi­tät ausspielen,“ erzählt Ben Salem. Und das Ergebnis überzeugt.

Cobot neu gedacht

Jedes Detail des Schubert-Cobots wurde von Grund auf neu durchdacht, Konzepte entwickelt, verworfen, ergänzt, umge­schrieben, erneut durchdacht. So wurde der Cobot zum Beispiel mobil – mit all den notwendigen Konsequenzen. Oder: Im Kern seiner Software arbeitet eine einzigartige KI, die mit Produkten verschiedenster Art, Form und Farbe zurechtkommt. Die Mechanik ist extrem belastbar, Beschleunigungen bis zu 7 g dürfen zyklisch erreicht werden, der Cobot bleibt stabil. Der Bewegungsradius von rund 760 Millimetern wird flott durchfahren, die Geschwindigkeiten der Greifer-Achsen sind denen des Arms angepasst. Die Bildverarbeitung rechnet schnell, die Prozessgeschwindigkeit des gesam­ten Systems ist atem­beraubend. Alles optimiert für 90 Picks pro Minute. Auf der anderen Seite ist die Be­dienung einfach, Formatwechsel funk­tionieren ohne Programmieraufwand in kürzester Zeit – ein Produkt vor den Cobot halten reicht im Prinzip.

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Anforderungen an die Antriebstechnik

Bei der Konzeption und Auslegung der Elektroantriebe beschritt Ben Salems Team neue Wege, einfach deshalb, weil die bekannte und vorhandene Technik aus der Schubert-Schublade den Anforderungen des kompak­ten und schnellen Cobots nicht gewachsen ist. Die beiden Hauptachsen sind mit 400 Volt-Antrieben, die drei Nebenachsen mit 48 Volt-Antrieben bestückt. Vor allem die beiden großen Antriebe sind durch die extrem schnellen Start-Stopp-Zyklen hoch belastet, weshalb auch die Motoren ganz spezielle Sonderausführungen sind. Bei der Suche nach einem passenden Servo-­Umrichter musste das Team auf den recht knapp bemessenen Bauraum in der Säule des Cobots Rücksicht nehmen. Zum Einsatz kommt ein kompakter Servo-­Umrichter mit einem effizienten Entwärmungskonzept. In der Prototypenphase wurde der Cobot mit Brems­widerständen betrieben, was bei den kurzen Zyklen und hohen Brems­leistungen allerdings zu sehr hohen Verlustleistungen geführt hat. Es musste eine andere Lösung her, schließlich ist man bei Schubert unter dem Stichwort „Mission Blue“ der Nach­haltigkeit besonders verpflichtet. Auf der Suche nach Alternativen für die Brems­widerstände schieden die Kondensator-Module des Servo-Umrichters allein schon aus Platzgründen aus. Eine Netzrück­speisung wurde aus mehreren Grün­den verworfen. Die Entscheidung fiel auf das aktive Energiemanagementgerät PxtFX von Michael Koch. In seiner kleinsten Ausbaustufe passt das Gerät perfekt zur Anwendung und zur gesamten mechanischen Kon­figuration. Direkt an den Gleichstrom-Zwischenkreis des Servo-Umrichters angeschlossen, übernimmt der PxtFX die Bremsenergie aktiv und blitzschnell in sei­nen Elektro­lytkondensator, bei Beschleu­nigung schießt er die zwischen­gespeicherte Energie so schnell wieder zu, dass erst dann die Zwischen­kreisspannung abfällt, wenn der Speicher leer ist und Energie aus dem Netz gebraucht wird. Pro Pick-and-Place-Zyklus, also je zwei Beschleuni­gungen und Bremsungen, werden weit über ein Kilojoule kinetische Energie frei, das aktive Energie­management­gerät sammelt und dem System zurückgibt. Bei 90 Zyklen pro Minute wird die Energie­einsparung signifikant, die dann bei der CO₂-Bilan­zierung und auch bei der Strom­rechnung deutlich zu spüren ist. Außerdem arbeitet das Gerät bei diesem elektronisch geregelten Rein-Raus der elektrischen Energie recht verlustarm, so dass in Kombination mit dem ermög­lichten Verzicht auf die Brems­widerstände das Umfeld von der üblichen Wärme­entwick­lung weitgehend verschont wird. Dies ist ein großer Trumpf des Cobot unter anderem in der Lebensmittel-, Pharma- und Kosmetik­industrie. Der PxtFX ist im Cobot verbaut. Über die geringe Wärme­entwicklung hinaus gibt es keine ­heißen Luftströme oder Oberflächen, somit keine Verbrennungs­gefahr.

Warum ist der tog so schnell?

Die hohen Geschwindigkeiten, die vielen Zyklen, letzt­lich sind diese auch nur wegen des aktiven Energiemanagementgerätes dauerhaft erreichbar. Würde die Energie bei jedem Zyklus aus dem Netz kommen und die Bremsenergie per Bremswiderstand abgeführt werden, dann wären die Spannungshübe im Zwischen­kreis des Servo-Umrichters derart heftig, dass die Lebens­dauer der Zwischenkreiskapazität schon nach kurzer Zeit gefährdet wäre. Wahrscheinlich wäre zudem ins­gesamt die thermische Belastung des Umrichters viel zu hoch, so dass als Konsequenz die Geschwindigkeit und damit die Zyklenanzahl von vornherein deutlich niedriger anzusetzen wäre. Mit dem aktiven Energie­management wird der Spannungsverlauf im Servo-Umrichter stark beruhigt, und diese Reserven sorgen dafür, dass nicht die Antriebselektronik, sondern die Motoren oder sogar die Mechanik des Roboters die begrenzenden Faktoren im System Cobot werden. Das aktive Energiemanagementgerät baut in diesem Einsatzfall auch deshalb sehr kompakt, weil er als Speicher nur einen einzigen großen Elektrolytkondensator braucht. Im Gegensatz zu Kondensatoren, die einen Ripple ausgleichen müssen, kann die Speicherfähigkeit des Kondensators im Gerät fast komplett genutzt wer­den: Möglich ist ein Bereich von 30 bis 450 Volt. Rund 100 Mio. Zyklen werden als Zielgröße genannt, die als guter Wert für Maschinen­bauanwendungen gelten darf. Dafür wurde der Kondensator in sehr enger Zusammenarbeit zwischen Koch und dem Hersteller ganz ­speziell auf diese Anforderung hin entwickelt. Das „Aktive“ beim Energiemanage­mentgerät bedeutet eine ­elektronische Trennung zwischen der Zwischenkreis- und der Konden­sator­spannung. Die Elektronik des Geräts sorgt für den reibungslosen Übergang zwischen den beiden Spannungsleveln in Antrieb und Speicher, die auf die Anfor­derungen der Cobot-Anwendung jeweils konfigurier­bar sind. Für die hohen Leistungs­anforderungen des ­Cobots reichten 30 Volt nicht aus, denn schließlich gilt die For­mel Spannung mal Strom für die Leistung auf beiden Seiten der PxtFX-Elektronik.

Unkompliziert und zuverlässig

„Es ist wirklich so einfach,“ sagt Ben Salem und meint damit den Einsatz des PxtFX. „Wir haben die Leistungs­daten unseres Cobots an Koch geschickt und das gelie­ferte Gerät hält alle Versprechen: Reinschrauben, an­klemmen – und es funktioniert.“ So wirklich daran geglaubt haben die Mitglieder des Entwick­lungsteams nicht, denn schließlich mussten sie im Gegensatz dazu mit fast allen anderen Elementen Extrarunden drehen. Die bisherigen Erfahrungen im ausgiebigen Testbetrieb sind ebenfalls sehr viel­versprechend. Bislang wird des­halb auf die mögliche Auswertung der internen Kapazi­tätsüberwachung des Energiemanagementsystems verzichtet. Die Pxt-Produkt­familie bietet diese Funktion, die im laufenden Betrieb Änderungen der Speicherkapazität ermittelt und im Sinne vorbeugender Wartung bei Erreichen voreingestellter Werte Warnmeldungen ausgibt. Die bisherige Erfahrung im Cobot zeigt, das trotz der hohen Belastungen keinerlei Alterungserscheinungen des Speichers auftreten. Die vorgegebenen Betriebs­stunden werden in der praktischen Anwendung ­sicher übertroffen. Das entspricht den Ergebnissen der Simu­lationsrechnungen, die Koch mit Hilfe von selbst entwickelten Tools auf der Grund­lage der Entwick­lungserkenntnisse und von weit über zehn Jahren Felderfah­rung applikationsspezifisch durchführt. Dabei fließen die Einflüsse der Belastungen und Umweltbedingungen nicht nur auf den Speicher, sondern auf die gesamte Elektro­nik in die Simulationsrechnung mit ein.

UL und CSA das i-Tüpfelchen

„Zuverlässigkeit ist ein ganz entscheidendes Kriterium für unseren tog.519,“ erklärt Ben Salem und bezieht die Aussage auf das Komplettsystem. „Der Anwender muss sich auf alle Hard- und Softwarekomponenten gleichermaßen verlassen können.“ Qualität und Langlebigkeit sind also für ihn sehr wichtige Entscheidungskriterien bei der Kompo­nentenauswahl. „Da ist es auch sehr hilfreich, wenn das eine Bauteil ein anderes unter­stützt!“ ergänzt Ben Salem. Wie dies eben der PxtFX den Servo-Umrichter durch die Beruhigung des Zwischen­kreises macht. Was er übrigens auch bei Spannungs­schwankungen oder kurzen Unterbrechungen des Netzes in unmerklicher Weise erledigt, solange noch genügend Energie in seinem Speicher ist. Im Cobot von Schubert ist diese USV-Funktion des Geräts zwar nicht das primäre Einsatzziel, doch sie hilft ganz nebenbei über die ein oder andere kleine Störung hinweg. Durch­aus positiv bewertet das Schubert-Team die Zulassung nach UL und CSA-Normen. So bestätigt das technisch problemlos einzusetzende Gerät PxtFX für die Beteilig­ten auch in der Exportabwicklung und Normprüfung ein weiteres Mal seine Einfachheit. (hw)