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Roundtable zur PPWR
„Die Schlagkraft erhöhen“
Fluch oder Segen? Wie bewerten Unternehmen und Verbände die PPWR? Ihre Vor- und Nachteile – und Herausforderungen wurden beim ersten packREPORT-Roundtable in Frankfurt von Unternehmen- und Verbandsvertreter:innen heiß diskutiert. Am Roundtable nahmen Simone Mosca (CEO Mosca-Gruppe), David Rapp, (KraussMaffei), Dr. Zaid B. Jildeh (Koch Pac-Systeme), Dr. Isabell Schmidt (IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen), Henning Schmidt (PlasticsEurope Deutschland) und Alexander-Christian Root (PreZero Stiftung) teil.
Harald Wollstadt: Inwiefern sind die Verbände bei der Bewältigung der Herausforderungen rund um die PPWR hilfreich? Alexander-Christian Root: Verbände haben den großen Vorteil, dass sie sich zentral um viele Themen bemühen, die für Mitgliedsunternehmen interessant sind. Sie können so ein größeres Bild bekommen. Das ist dann besonders wichtig, wenn wir über Kreislaufwirtschaft reden. Plötzlich müssen wir viele unterschiedliche Branchen an einen Tisch bekommen, die unterschiedliche, möglicherweise auch divergierende Interessen haben. Und plötzlich müssen wir lernen, viel enger aufeinander abgestimmt zu sein. Verbände sind eine der ersten wichtigen großen Anlaufstellen, die uns helfen können, diese Brücken zu schlagen, die wir brauchen, um in den Dialog zu kommen, auf eine sinnvolle und fokussierte Art und Weise. Simone Mosca: Verbände liefern auch kartellrechtskonforme Grundlagen. Wettbewerber können sich hier über Themen austauschen, bei denen sie ein gemeinsames Interesse haben, was dann wieder über die Verbände adressiert werden kann. Harald Wollstadt: Wenn wir die Arbeit der Verbände thematisieren, gibt es bei der PPWR die Problematik, dass wir die ganze Wertschöpfungskette betrachten müssen, also Materialien, die Seite der Entwicklung der Packmittel bis hin zu den Maschinen, die sie letztendlich verarbeiten müssen. Wäre es möglich, dass Verbände übergreifend im Sinne ihrer Mitglieder zusammenarbeiten könnten?
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Isabell Schmidt: Als Beispiel kann ich hier die Initiative „Wir sind Kunststoff“ nennen, Eine Initiative der Kunststoffbranche, die verschiedene Teile der Wertschöpfungskette versucht einmal im Wertschöpfungskreislauf zusammenzubringen. Natürlich sind wir nicht bei allen Themen exakt derselben Meinung und da ist Kooperationsbereitschaft gefragt. Man muss dann schon schauen, wie und wo man zusammenkommen kann. Wir haben vergangenes Jahr zum Beispiel ein parlamentarisches Frühstück zum Thema „Plastiksteuer“ veranstaltet. Dass wir dort schnell zusammengekommen sind, überrascht glaube ich nicht. Dieses Jahr war das Thema „PPWR -Wie schaffen wir das?“ So wurde beispielsweise das Thema „Rezyklat“ diskutiert, was aus unserer Sicht grundsätzlich etwas Positives ist. Da zeigt sich auch, dass, wenn sie als einzelnes Unternehmen nach Berlin gehen, je nach Unternehmensgröße, es schwierig ist, Gehör zu finden. als Verband ist dies schon eher von Erfolg gekrönt. Und wenn jetzt mehrere Verbände zusammenkommen, dann überlegt die Politik schon eher zuzuhören. Zusammen erhöht sich einfach die Schlagkraft.
Simone Mosca: Genau, wenn ein Mittelständler wie wir nach Berlin geht: wen interessiert das? Wen interessiert es, ob es einen Mittelständler weniger gibt im Odenwald? Wenn wir uns aber alle zusammentun und dann geht es schon wieder auch um viele Arbeitsplätze und dann werden wir auch gehört. Aber zurück zur PPWR. Da schlagen bei mir immer zwei Herzen in der Brust, weil ich mir denke, dass es eigentlich gut ist, was da gerade passiert. Es musste auch etwas passieren. Natürlich ist es müßig und anstrengend und da bin ich schon froh, dass es die Verbände gibt. Denn bei der PPWR gibt es viele Fallstricke und in den Verbänden sitzen Menschen, die sich damit auskennen.
Isabell Schmidt: In Brüssel kennt man uns mittlerweile schon gut. Aber was man nicht vergessen darf: Es ist immer wichtig, die Kundenindustrien, das heißt diejenigen, die verpackte Waren auf den Markt bringen, zum Sprachrohr zu machen. Seien es die, die Verpackungen nutzen, sei es im industriellen Bereich, sei es im Haushaltsbereich. Auch sie müssen ihre Interessen formulieren und sagen, wo etwas geht und wo nicht. Eine unsere Aufgabe als Verband ist es, sie anzustupsen. Und das, muss ich sagen, ist nicht einfach.
David Rapp: Da möchte ich einen wesentlichen Punkt anführen, wo verschiedene Verbände vielleicht unterschiedlich auftreten. Das ist chemische Recycling beziehungsweise die Akzeptanz der Quoten innerhalb der PPWR. Wie steht denn hier die Industrievereinigung Kunststoffverpackungen (IKV) dazu? Isabell Schmidt: Grundsätzlich halten wir uns aus dem Technologiewettbewerb raus. Wir sind generell für gleiche Wettbewerbsbedingungen. Was wir aber kritisch sehen, ist die 10-Prozent-Quote für die Lebensmittelverpackungen, die als Vehikel gedacht ist, um das chemische Recycling zu fördern. Aber was eine Chance ist, ist auch ein Risiko: nämlich, dass sie gar kein PCR (Post-Consumer-Rezylat) bekommen. Jetzt haben wir die 10 Prozent. Ursprünglich sollten es sogar einmal 30 Prozent werden. Da haben wir wirklich Bedenken, dass dies erfüllt werden kann. Beim chemischen Recycling könnte man PCR theoretisch ausschließen und auf PR gehen. Das ist nicht erlaubt, weil das Gesetz vorgibt, es müsse Post-Consumer sein. Was wir beobachten, ist, dass bereits eine große Abwanderung von Kunststoffverpackungen hin zu beschichteten Papieren gibt, die ja von der Regulierung ausgenommen sind. Wir haben uns gegen die Ausnahmen gewehrt, die es für diese Papierverbunde gibt. Zu einen, um Abwanderungseffekte zu verhindern, die obendrein unökologisch sind. Zum anderen hat dieses beschichtete Papier keinerlei Umwelt-Benefits. Es wird von Verbrauchern vielleicht positiv empfunden, aber es hat keinerlei Umweltnutzen. Das ist weder im Sinne unserer Mitglieder noch im Sinne der ökologischen Transformation.
Harald Wollstadt: Ich werfe einmal die Stichwörter Materialstoffströme und verbindliche Rezyklateinsatzquoten in die Runde.
Alexander-Christian Root: Wenn ich das Beispiel von LyondellBasell mal anführen darf: Die dort entstandene Anlage mit 50.000 Tonnen, ist explizit auf die Wertstoffströme ausgelegt, die nicht hochwertig, werkstofflich recycelt werden können. Und wenn wir uns den Markt in Europa anschauen, dann sehen wir, dass ein Markt für hochwertige Rezyklate vorhanden ist. Der Commodity-Bereich aber schmiert eher ab, da dort die Märkte nicht preisdominiert sind. Der Mehrwert des chemischen Recyclings liegt darin, sich auf die Ströme zu konzentrieren, die nicht hochwertig werkstofflich recycelt werden können. Und diese Ströme zurückzubringen in eine annähernde Virgin-Qualität, die sonst für den europäischen Markt verloren wären. Simone Mosca: Gerade der Maschinenbau muss mit genau diesen Materialstoffströmen arbeiten. Und wenn wir das Thema „Innovationen“ aufgreifen, kann ich sagen, die kommen hauptsächlich aus den Maschinen und Anlagen, aus der Verfahrenstechnik. Ich glaube gerade in diesem Bereich müssten sich Verbände noch viel stärker engagieren und unterstützen, damit diese Innovationen auch erfolgen können. Der Maschinen- und Anlagenbau hat ja noch viele andere Thematiken, wie etwa den Fachkräftemangel. Da müssen wir alle ehrlich sein: Wo soll und wo können eigentlich noch Innovation stattfinden? David Rapp: Als Maschinenbauer ist mir diese Regulatorik mit Verlaub relativ egal, denn unsere Maschinen verkaufen sich mit oder ohne Rezyklatanteil. Wenn aufgrund einer Regulatorik investiert werden muss, ist das eigentlich positiv für uns. Dass der VDMA sich hier weniger klar positioniert ist nachvollziehbar.
Alexander-Christian Root: Sie haben sicher Recht, dass dies einen Maschinenbauer noch einmal anders betrifft. Aber wenn ich mir anhand der Schwarz-Produktion überlege: Wir haben Anlagen, in Europa oder sogar weltweit, wo wir Rezyklat verwenden, die Spitzenperformance bringen. Eventuell haben wir nicht die Virgin-Taktzahlen, zumindest beim ersten Wurf nicht, die wir mit recyceltem Material bekommen. Aber dem Maschinenbauer kommt ein bestimmter Stellungwert zu, um Lösungen zu finden, um diese Taktzahlen zu halten. Wenn wir einmal im Handel schauen: Die Verpackung macht, was den CO₂-Fußabdruck angeht, meistens ein Drittel oder weniger des gesamten CO₂-Fußabdrucks aus. Wenn aber der bestimmungsmäßige Gebrauch des Produktes nicht mehr möglich ist, weil die Verpackung dazu führt, dass das Produkt nicht mehr geschützt ist – ich meine Bruchquote oder sich die Verderbquote sich erhöht – dann schieße ich damit faktisch die gesamte Ökobilanz kaputt. Dem Maschinenbauer kommt hier einfach eine maßgebliche Rolle zu, bei der ganzen Sache. Das ist das, was ich eingangs sagte, die Branchen müssen mehr miteinander sprechen, weil sie divergierende Interessen haben, die plötzlich in den Vordergrund treten. Zaid B. Jildeh: Ich bin ganz bei Ihnen. Wir als Maschinenbauer müssen Maschinen verkaufen. Natürlich können wir keine Maschine verkaufen, ohne dass das Material dafür aufbereitet ist. Aber wenn ein chinesischer Maschinenbauer mit Maschinen zu einem Drittel des Preises kommt und sagt, es läuft, dann haben wir hier in Europa keine Chance, entsprechend etwas anzubieten. Alexander-Christian Root: Sie haben es gerade selbst gesagt: Kunden wollen nicht einfach nur eine Maschine haben, sie wollen auch Service. Ein Beispiel: Wenn ich eine Wurst verpacke, kann ich eine Multi-Laminatfolie verwenden. Anstelle von weniger Material in einer hochtechnischen Verbundverpackung, kann ich aber auch eine etwas dickere Verpackung nehmen, auch wenn ich damit den Kunststoffeinsatz erhöhe. Dies kann dazu führen, dass die Verpackung auf meiner Maschine wunderbar läuft, auch auf bestehenden Anlagen, dass ich die Verpackung super recyclingfähig hinbekomme und es für alle Beteiligten ökologisch ein absolut zielführender Weg ist. Simone Mosca: Genau und wenn ich es dann im Kreislauf halten kann, weil ich mit anderen Materialien gearbeitet habe, dann ist man auf dem richtigen Weg. Natürlich wollen wir Maschinen und Anlagen verkaufen, ganz klar. Davon leben wir. Aber wenn wir die Transformation nicht mitgehen und es nicht schaffen, sind wir weg vom Fenster und brauchen erst gar nichts an eine dritte Generation übergeben. Fakt ist, die PPWR ist da und sie geht nicht mehr weg. Die Transformation hat begonnen.
David Rapp: Ich glaube, ich bin etwas falsch verstanden worden. Ich stelle überhaupt nicht die Notwendigkeit in Abrede, sich miteinander auszutauschen. Auch der Maschinenbau hat natürlich einen nennenswerten Input. Was ich meine ist, dass man nicht zwingend aktiv politisch auftreten muss. Verstehen Sie mich nicht falsch: Wir verdienen mit Komplexität unser Geld. Je schwieriger die Aufgabenstellung ist, desto mehr Arbeit haben wir. Und umso weniger bekommen die Maschinenbauer aus Asien. Harald Wollstadt: Die Automobilbranche wurde abgehängt, das ist Fakt. Besteht die Gefahr, dass dies genauso den Verpackungs-Maschinenbauern passieren kann? Henning Schmidt: Wenn wir den Industriestandort sichern wollen, muss sich die Politik diese Frage stellen, und zwar aus strategischer Sicht. Also wollen wir die Produktion hier sichern und wenn ja, wie? Eine lange Zeit konnten wir sehr überzeugt und überzeugend argumentieren, dass wir gerade, was das Carbon Leakage angeht, im Vorteil sind. Wir konnten aus Nachhaltigkeitsaspekten für unseren Standort werben und fordern, dass hier in Deutschland beziehungsweise Europa produziert werden soll, denn in anderen Teilen der Welt wird nicht so nachhaltig gefertigt. Nehmen wir das Thema „Grüner Stahl“. China kann jetzt schon zu einem Drittel oder Hälfte unseres Preises ausreichend liefern.
Im Kunststoffbereich überlegen wir, wie es möglich ist, den Binnenmarkt zu schützen. Kernfrage ist: Wie wollen wir unsere Industrie hier erhalten und eine Basis dafür schaffen, die Produktion langfristig in der Breite hier zu halten? Ein Beispiel: Es kommt immer wieder Kritik am chemischen Recycling auf, die dafür sorgt, dass wichtige politische Rahmenbedingungen nicht aufgebaut werden. Ich bin aber überzeugt, dass es letztlich keine Alternative zum chemischen Recycling gibt, wenn wir unsere Branche endlich defossilieren und die Rohstoffe nicht mehr verbrennen, sondern nutzen und hier am Standort im Kreislauf halten wollen. Wenn wir wirklich wollen, dass diese Technologie hier aufgebaut wird, dann müssen wir auch etwas wagen. Das ist einer der Gründe, warum wir als Plastic Zero letztlich doch für die PPWR geworben haben, wenn auch zähneknirschend. Wenn das chemische Recycling hier nicht in Gang kommt, dann wird es sich woanders durchsetzen. Die Frage ist einzig, wie lange dies noch dauern wird und wo es aufgebaut wird. Auch hier wieder muss man nach China blicken. Sie sind technologisch und auch vom Business Case her weiter, als wir glauben. Und sie sind bereit, das durchzuziehen. Wir sind es derzeit nicht. Deshalb haben wir uns bei aller Kritik, die wir gut nachvollziehen können, bei der PPWR auch für die „kontaktsensitiven“ Quoten ausgesprochen. Ich möchte aber noch dazu anmerken, dass dies nicht ausreichen wird, wenn es nicht flankiert wird, beispielsweise über die Möglichkeit einer flexiblen Massenbilanzierung. Klappt der Aufbau aufgrund von Kritik und fehlendem Vertrauen nun nicht zügig genug, wird es ein Teufelskreis, da ebendiese Kritiker dann Recht behalten und sagen, „ihr schafft das ja eh nicht“. Was nicht stimmt – denn wir geben alles für die erfolgreiche Skalierung hier in Deutschland. Es gibt weiterhin die Möglichkeit, obwohl wir diese grundsätzlich nicht unkritisch sehen (Thema planetare Grenzen), dass Biomasse auch als Rohstoffgrundlage zur Quotenerfüllung herangezogen werden kann. Das ist jetzt noch nicht klar, aber soll überprüft werden. Zaid B. Jildeh: Was Herr Schmidt gesagt hat, kenne ich aus eigener Erfahrung. Ich rede mit einem Mittelständler, der nur für die Lebensmittelbranche und den Medizinmarkt produziert. Sein PP-Material könnte auch für die Konsumgüterindustrie interessant sein, doch diese nimmt nur Virgin-Material. Was wir oft hören, ist, dass man niemals – und die Betonung liegt auf „niemals“ – Post-Consumer-Rezyklat einsetzen würde. Der Grund ist die Lebensmittel- und Medizinkonforme Zertifizierung. Die Kundenmeinung ist oft, er könne nur PCR-Material verwenden, wenn es für die Lebensmittelindustrie zugelassen ist. Und da stellt sich die Frage, wie schnell wird dies passieren? Wir reden über einen Zeitraum von fünf Jahren, um eine komplett neue Produktion zu entwickeln.
Simone Mosca: Wir haben jetzt beschlossen, dass wir – da wir auch mit Post-Consumer arbeiten – unsere Kunden im Lebensmittelbereich, die mit direktem Lebensmittelkontakt arbeiten, nicht mehr bedienen. Die Kunden sind natürlich nicht erfreut, aber es ist einfach zu gefährlich. Deshalb sagen einige Unternehmen: „Wenn du mir das nicht mehr lieferst und auch kein anderer, dann muss ich komplett anders verpacken“. Das ist teilweise disruptiv. Auf der anderen Seite ist der Verpackungsmarkt riesig und im gewissen Sinne die Rettung für die Papierindustrie. Diese nutzt gerade die Gunst der Stunde und hat, auch sehr erfolgreich, für viele Ausnahmen in der PPWR lobbyiert. Wenn zum Beispiel eine Beschichtung weniger als 5 Prozent Masseanteil ausmacht und beim Papier muss in die Kunststoffbeschichtung kein PCR rein, dann ist das ein Vorteil. So gibt es bei den Mehrwegquoten, die für viele Transportverpackungen gelten, Ausnahmen, wenn sie Kartonagen nutzen. Gerade da, wo wir wirklich auch Chancen hätten für Mehrweg-Kunststoffverpackungen. Kartons oder Trays sind Einweg, im Sinne der PPWR und auch völlig okay. Da, wo Chancen für Mehrweg-Kunststoffverpackungen bestehen würden, müssen wir jetzt Quoten erfüllen – an Stellen, wo sie keinen Sinn ergeben. Wobei ich den Eindruck habe, dass es die großen Unternehmen trotzdem machen: Wer in der Inhouse-Logistik gut aufgestellt ist, geht auf Mehrweg. Harald Wollstadt: Welche Rolle spielt denn der Konsument bei all dem? Alexander-Christian Root: Wir müssen uns viel klarer darüber werden, wie die Menschen im täglichen Tun unbewusst handeln. Und wir müssen lernen uns viel mehr in das Leben der Menschen zu integrieren. Aber die Menschen umerziehen zu wollen, führt für gewöhnlich zu nichts. Es gibt viele Studien dazu und führt zum genauen Gegenteil von dem, was man erreichen will. Simone Mosca: Also ich bin oft in Schulen unterwegs und die Schüler sind sich gar nicht bewusst, was sie selbst tun oder wie sie darauf einwirken können. Beispielsweise nicht jeden Tag einen Fast-Fashion-Fummel für 2,99 Euro kaufen. Das ist eine gesellschaftliche Aufgabe, in diesem Bereich immer wieder zu informieren und die Kinder dabei mitzunehmen.
Alexander-Christian Root: „Ich bin ja Verbraucher, ich entscheide selbst.“ Im Hinblick auf optimale nachhaltige Lösungen ist das Unsinn. Als Verbraucher habe ich andere Probleme, als für jedes individuelle Produkt oder die Verpackung die Nachhaltigkeitsclaims zu recherchieren. Ich möchte, dass mir Lösungen angeboten werden, die ökologisch sind. Wenn mir nur noch ökologische Lösungen angeboten werden, dann kann ich nicht anders. Ich sehe die Verantwortung ganz klar in der Industrie und beim Handel und bei den Verpackungen. Isabell Schmidt: Das ist ja das Thema. Die Industrie reagiert natürlich auf Verbraucher und jahrzehntelange NGO-Arbeit hat dazu geführt, dass der Kunststoff ein so furchtbares Image hat. Und dieses Narrativ umzudrehen, ist eine Herausforderung. So werden sich Verbraucher immer für die vermeintlich bessere Papierverpackung entscheiden – weil sie es nicht besser wissen. Simone Mosca: Das wird sich durch eine klare Reglementierung ändern. Um einmal etwas Positives zur PPWR hervorzuheben: Es ist doch sinnvoll, wenn ab dem Jahr 2030 alle Verpackungen für das Design recycelbar sind und zumindest zu 70 Prozent recyclingfähig sein müssen. Das soll ja eigentlich für alle Materialien gelten. Dann können Verbraucher auch darauf vertrauen, dass egal wozu sie greifen, sie so oder so eine recyclingfähige Verpackung kaufen, weil es nichts anderes mehr gibt und das EU-weit. Mich würde es freuen, wenn man in Amerika und auch in Asien ähnliche Bestrebungen sieht. Da hat das Kind einen anderen Namen, aber sowohl Asien als auch Amerika gehen auch in diese Richtung. Ob es zum Schluss ein chemisches Recycling ist, zeigt sich. Aber Fakt ist einfach, man hat sich auf den Weg gemacht. Die PPWR ist auch wichtig und richtig, weil wir zurzeit ganz verschiedene Anforderungen haben: in Spanien, in Italien, oder beispielsweise England. Für mich ist es einfacher, wenn ich weiß, ich habe eine Regulatorik und die gilt EU-weit. Dann kann ich meine Produktionsstandorte danach ausrichten – genauso in den USA oder in Asien. Und ich glaube, es ist wichtig, dass wieder Vertrauen in die Kunststoffindustrie aufgebaut wird, gerade auch von der Politik. Harald Wollstadt: Ich bedanke mich für die angeregte Runde und würde gerne den Faden in einem neuen Roundtable, gegebenfalls um die FACHPACK, weiterführen. (mns)