Robotik und KI
Trends in der Robotik
Welche Lösungsansätze intelligente Automation und Robotik für die Herausforderungen der Zukunft bieten, demonstrierte die Leitmesse automatica vom 24. bis 27. Juni 2025 in München.

Bilder: Messe München; ABB Robotics


Rund 800 Aussteller aus 40 Ländern präsentierten den knapp 49.300 Besucher Produkte und Lösungen rund um die KI-gestützte Robotik, Mittelstands-Automation, Healthtech-Lösungen, mobile Robotik und vernetzte Produktion. Aus Sicht von Dr. Reinhard Pfeiffer, Co-CEO Messe München, ein Themenmix, welcher die wichtigsten Trends, die die Robotik und Automation im Jahr 2025 prägen, abbildete.
Physisch, analytisch, generativ
Der Trend zum verstärkten Einsatz künstlicher Intelligenz zeigte sich auch auf der automatica. So helfen in der Robotik verschiedene KI-Technologien dabei, ein breites Spektrum von Aufgaben effizienter auszuführen. Mit analytischer KI lassen sich große Datenmengen verarbeiten und analysieren, die von der Roboter-Sensorik erfasst werden. Dies hilft dabei, auf unvorhersehbare Situationen oder wechselnde Bedingungen in öffentlichen Räumen oder bei der Produktion von „High-Mix-Low-Volume-Aufgaben“ zu reagieren. Mit Bildverarbeitungssystemen ausgerüstete Roboter analysieren ihre Arbeitsschritte, um Muster zu erkennen und Arbeitsabläufe zu optimieren. Ziel ist beispielsweise, Tempo und Präzision zu steigern. Ein gutes Beispiel ist die Hand-Augen-Koordination, eine der komplexesten Herausforderungen in der Robotik. Was der Mensch instinktiv lernt, ist eine der komplexesten Herausforderungen in der Automatisierung: Sehen, Erkennen und Greifen von Objekten. Die preisgekrönte Smart-Picking-Lösung robobrain.vision meistert mit künstlicher Intelligenz und komplexen Vision-Algorithmen diese Herausforderung. Die Kamera erkennt ohne Training und unabhängig von den Koordinaten die zu greifenden Objekte und identifiziert autonom ideale Greifpunkte. Also das Smart Picking System der Zukunft. „Echte Künstliche Intelligenz als Bindeglied für unstrukturierte Prozesse eröffnet völlig neue Anwendungsfelder in der Automatisierung. Auch wenn sich die Produktvarianz der Anwendung verändert, dank KI lässt sich das lösen und flexibel auf Aufgabenstellungen reagieren“, erzählt Tobias Rietzler, CEO bei Robominds. Roboter in menschlicher Gestalt, sogenannte Humanoide erregten auch auf der automatica große Interesse. Roboter, die zu Allzweckwerkzeugen werden, die selbständig eine Spülmaschine beladen und gleichermaßen anderswo am Fließband arbeiten können. Insbesondere Start-ups arbeiten an diesen humanoiden Alleskönnern. Industrielle Hersteller konzentrieren sich dagegen auf Humanoide, die zunächst individuelle Einzelaufgaben bewerkstelligen.
Design von der menschlichen Form inspiriert
Neura Robotics ist so ein Pionier der kognitiven Robotik. Das Unternehmen zeigte auf der Messe in München gleich mehrere Innovationen. Allen voran stehen die Weltpremiere der dritten Generation des humanoiden Roboters 4NE1, die Markteinführung des kognitiven Haushalts- und Service-Roboters MiPA sowie das offene Robotik-Ökosystem Neuraverse. Mit 4NE1, sprich „For Anyone“, präsentiert man einen humanoiden Roboter, der autonom und sicher in realen Umgebungen mit Menschen zusammenarbeitet. Seine kognitive Intelligenz ermöglicht es ihm, seine Umgebung eigenständig wahrzunehmen, Entscheidungen zu treffen und aus Erfahrungen zu lernen. Mit dem patentierten Neura Omnisensor ist ein Durchbruch in der sicheren Mensch-Roboter-Kollaboration gelungen: 4NE1 kann zuverlässig Menschen von Objekten unterscheiden, sie erkennen und sein Verhalten daran anpassen. Diese Technologie ermöglicht die direkte Zusammenarbeit mit Robotern. 4NE1 verfügt über ein intelligentes Dual-Akkusystem für den unterbrechungsfreien 24/7-Betrieb, hebt dank leistungsstarker Gelenktechnik bis zu 100 Kilogramm und ist mit feinmotorischen, lernfähigen Händen ausgestattet. Damit ist der Roboter sowohl für komplexe Aufgaben in der Industrie als auch für Tätigkeiten im Haushalt oder Dienstleistungssektor geeignet.
Roboter gegen den Arbeitskräftemangel
Ein solcher diesen humanoiden Alleskönnern wäre vielleicht auch eine Lösung für den Arbeitskräftemangel. Nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) leidet weltweit das verarbeitende Gewerbe unter Arbeitskräftemangel. Einer der Hauptgründe dafür ist der demografische Wandel, der die Arbeitsmärkte in führenden Volkswirtschaften wie den Vereinigten Staaten, Japan, China, der Republik Korea und Deutschland belastet. Mit dem Einsatz von humanoiden Robotern – aber auch anderen Robotiklösungen, ließen sich die Auswirkungen des Arbeitskräftemangels in der Fertigung verringern. Roboter übernehmen Arbeiten wie ermüdende visuelle Qualitätskontrollen, gesundheitsschädliche Lackierarbeiten oder schweres Heben von Lasten. Kollaborierende Roboter (Cobots) oder mobile Manipulatoren schließen schnell und effizient Lücken im Arbeitsprozess, wann und wo immer sie benötigt werden.
ABB Robotics hat auch deshalb sein Portfolio um drei neue Roboterfamilien erweitert, um seine Position in Chinas wachsendem Markt zu stärken. Mit seinem Robotikgeschäft hat das Unternehmen seit 30 Jahren eine führende Rolle auf dem chinesischen Markt. Die neuen Roboterfamilien von ABB Robotics werden in einer Mega-Fabrik in Shanghai produziert und decken ein breites Spektrum an Automationsaufgaben ab – von grundlegender Materialhandhabung bis hin zu anspruchsvollen Prozessen wie Dosieren und Polieren. PoWa zum Beispiel ist ein kompakter Cobot, der auf Geschwindigkeit, Zusammenarbeit und Effizienz ausgelegt ist. Mit Geschwindigkeiten von bis zu 5,8 m/s eignet er sich ideal für schnelle Pick-and-Place-, Palettier- und Maschinen-Bedienungsaufgaben. PoWa ist bereits in China verfügbar und überzeugt durch No-Code-Programmierung und Plug-and-Play-Technologie. So ist der Cobot innerhalb von 60 Minuten einsatzbereit und stellt eine attraktive Lösung für kleine und mittlere Unternehmen dar und somit auch eine Lösung für den Arbeitskräftemangel. Die intuitive Steuerungssoftware von igus macht es zum Beispiel möglich, alle auf dem Online-Robotik-Marktplatz RBTX erhältliche Roboter unabhängig vom Hersteller einheitlich zu bedienen und Zubehör wie Kameras, Greifer oder Roboterzellen einfach zu integrieren. Damit reduziert RobotCtrl die Bedienungskomplexität und den Integrationsaufwand für Einsteiger und Profis erheblich. Neu hinzugekommen ist die Unterstützung der Robotikhersteller Lebai, Hitbot und Lynx Motion.
Schlüsselrolle für die Nachhaltigkeit
Auch für das Erfüllen der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (UN) spielen Roboter eine Schlüsselrolle. Denn grundlegend verringert Robotik die Verschwendung von Material. Sie gewährleisten eine gleichbleibende Qualität, die für Produkte mit langer Lebensdauer und minimalem Wartungsaufwand unerlässlich ist. Zudem ermöglichen sie es Herstellern, ihre Produktion schnell zu skalieren ohne Kompromisse bei der Qualität oder Nachhaltigkeit einzugehen. Als Beispiel im Verpackungsumfeld ist die GMP-konforme Tiefzieh-Verpackungsmaschine RX 4.0 von Multivac zu nennen. Der erstmalige Einsatz eines Yaskawa Sechsachsroboters bringt insbesondere ein entscheidendes Plus in puncto Flexibilität. (hw)