
Till Isensee und Liane Miller
Tiliscos Kolumne
„Branche verschläft PPWR“
Nach dem Besuch der Fachpack 2025 wurde eines sehr deutlich: Die Branche schläft. Während in den Gängen über Innovationen, Verpackungspreise und Nachhaltigkeitsversprechen gesprochen wurde, schien kaum jemand zu bemerken, dass der Countdown zur „PPWR-Konformität“ längst läuft – und zwar schneller, als so mancher Datenpfad gepflegt wird.
Ab dem 12. August 2026 darf in der EU keine Verpackung mehr in Verkehr gebracht werden, für die keine gültige „PPWR-Konformität“ vorliegt. Und wer glaubt, er könne das sechs Wochen vorher „noch schnell umstellen“, sollte vielleicht vorher einmal einen Blick in seine Lieferketten werfen – oder wenigstens ins eigene Lager. Denn mit üblichen Vorlaufzeiten, Prüfzyklen und Restmengen ist das dann schlicht nicht mehr zu schaffen. Was auffiel: viele Materiallieferanten haben offenbar noch gar nicht bemerkt, dass PFAS, Mindestanforderungen und Konformitätsdokumentation keine Zukunftsthemen mehr sind, sondern längst Gegenwart. Die Umstellung läuft, nur eben nicht überall – und genau das wird bald teuer. Zusätzlich liest man auf dem Heimweg von der Messe Schlagzeilen wie: „Temu vervierfacht seinen Umsatz in Deutschland.“ Zusammen mit seinem chinesischen Marktbegleiter Shein sind es rund 400.000 E-Commerce-Importe nach Deutschland pro Tag – und davon werden nach einem Bericht der EU-Kommission aus 8/2025 nur 0,0082 Prozent kontrolliert. CE-Kennzeichnung? Konformitätsnachweis? Wohl eher Fehlanzeige. Und während wir in Europa für jede Faltschachtel eine digitale Produktakte anlegen, eine EPR-Registrierung pflegen und binnen zehn Tagen eine vollständige PPWR-Konformität vorlegen müssen, fluten täglich hunderttausende unkontrollierte Produkte unseren Markt. Na dann, Prost auf den fairen Wettbewerb. Ja, die PPWR ist ein Bürokratiemonster – aber uns hilft alles Jammern nichts: Wir müssen vorbereitet sein, Prozesse aufräumen, Daten sichern und Nachweise parat haben. JETZT. Wer jetzt noch wartet, verliert Zeit – und vielleicht auch Material, das dann im August 2026 schlicht nicht mehr verkehrsfähig ist.