Bild: Gerhard Schubert

PPWR

Regulatorik trifft Technik

Von Gesetzestexten zu ­marktfähigen ­Lösungen: Wie Impact Check, ­Readiness Test und Prototyping-­Verpackungen fit für 2030 machen.

Eben mal schnell das Packmittel oder die Siegeleinheit wechseln reicht nicht, um einer komplexen EU-Verordnung gerecht zu werden. Zwar spielen tech­nische Anpassungen eine Rolle, um Verpackungs­prozesse im Sinne der Packaging & Packaging Waste Regulation (PPWR) zukunftssicher aufzustellen – trivial sind sie jedoch nicht. Sie erfordern fundierte regulatorische Beratung und umfassende Tests, wie sie der Verpackungs­maschinenhersteller Schubert im Packaging Competence Center (PCC) durchführt.

Papier statt Plastik – eine einfache Idee mit Folgen

Man stelle sich vor: Ein Süßwarenproduzent will im Zuge der PPWR die Primärverpackung seiner Multipacks auf Papier umstellen, da laut Verordnung kein Plastik verwen­­det werden darf, wenn bereits die Umverpackung aus Papier besteht. Das Vorhaben klingt zunächst überschau­bar, entpuppt sich aber als komplex – schließlich muss die PPWR stets im Kontext anderer EU-Regelwerke wie der Entwaldungs­verord­nung (EUDR) betrachtet werden.

Neben der Frage nach dem richtigen Papier und dessen Verfügbarkeit, ist entscheidend, ob eine Ver­packungs­­maschine, die jahre­­lang PE-Folien verarbeitet hat, auch mit dem neuen Mate­rial reibungslos läuft. „Unsere Ziel­setzung ist, dass die Effi­zienz der Produktion nach der Umstel­lung genauso gut ist wie davor, tendenziell sogar besser“, betont Michael Graf, Leiter des PCC bei Schubert. Nicht nur die Menge, auch die Tiefe der Fragen stellt viele Her­steller vor enorme Herausforderungen – gerade ange­sichts knapper Personalressourcen und hohem Produktions­druck. Klar ist: Bis spätestens 2030 müssen sämtliche Unter­nehmen in der EU die PPWR-Vorgaben umgesetzt haben, wenn sie ihre Produkte im Binnenmarkt vertreiben wollen.

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Wo Hersteller ansetzen müssen

Von der Materialwahl bis zur Maschineneignung ist es ein langer Weg, der regulatorisches wie technisches Fachwissen erfordert. Das Kompetenzzentrum begleitet ­Hersteller dabei Schritt für Schritt. Erster Baustein ist der Impact Check. Hier wird geprüft, ob die bestehenden Verpackungen die PPWR-Vorgaben bereits erfüllen, ob Optimierungsbedarf besteht und an welchen Stellen Prozesse, Materialien oder Anlagen verbessert werden können. Grundlage ist zunächst eine Konformitätsbewertung: Her­steller müssen nachweisen, dass ihre Produkte die grund­legenden Anforderungen an Sicherheit, Gesundheit, Umwelt- und Ver­braucherschutz erfüllen. Die Experten unterstützen dabei, indem sie sämtliche Produktinformationen zu einer technischen Doku­mentation zusammenführen. Dazu gehören Angaben zu Rezy­klierbarkeit, Rezyklatanteil, Schadstofffreiheit, Wiederverwend­barkeit und Kennzeichnung. Ohne diese Bewertung drohen Verkaufsverbote oder rechtliche Konsequenzen. Für die eigentliche Verpackungsbewertung, den Impact Check, arbeitet das Zentrum eng mit der Berliner Beratung Berndt+Partner zusammen. Die Regulatorik-­Spezialisten analysieren jede vorhandene Verpackung in einer detail­lierten Gap-Analyse. Dabei wird sichtbar, welche Anforde­rungen noch nicht erfüllt sind – zum Beispiel, wenn Umver­packungen weiterhin aus Plastik bestehen, Hohlräume in Geschenk­verpackungen zu groß ausfallen oder Materialien sich nur schwer recyceln lassen. Auch Ausnahmen, etwa bei geschützten Designs oder Ursprungsbezeichnungen, müssen berücksichtigt werden. Geltendes EU-Recht schützt ihr spezielles Erscheinungsbild, sodass sie beispielsweise nach wie vor mit Etiketten vermarktet werden dürfen, die aus einem anderen Material als die Primärverpackung bestehen. Sie entbinden jedoch nicht von den Kernvorgaben der PPWR wie Recycling­fähigkeit oder Rezyklatanteil.

Readiness Check - Ist die Maschine bereit?

Sind die Verpackungsanforderungen geklärt, folgt der nächste Schritt: der Readiness Check. Hier prüft das Kompetenzzentrum, ob bestehende Anlagen die neuen Materialien zuverlässig ver­arbeiten können. „Welche Material­dicken und Geschwindig­keiten Hersteller erwarten ­können, lässt sich nicht ohne Tests sagen, weshalb wir Design Guidelines, Bemusterungen und Tests aus einer Hand anbieten“, erklärt Graf. Design Guidelines legen fest, wie eine PPWR-konforme Ver­packung aussehen muss – von Materialstärken über Maße bis hin zu Drucktechnologien für Labels und Codes. Pauschallösungen gibt es nicht: Regalgrößen, Verkaufsorte oder Sicherheitsaspekte bei Lebensmitteln erfordern individuelle Anpassungen. Gerade bei Food-Verpackungen spielen Barrieren eine große Rolle: Rückstände von MOSH/MOAH-Verbindungen aus Druckfarben dürfen nicht in Kontakt mit Lebensmitteln kommen, weshalb hohe Barrierefunktionen Pflicht sind.

Prototypen für die Praxis

Sind die Designrichtlinien erarbeitet, entstehen erste Proto­typen. Diese werden optisch, haptisch und logistisch ­geprüft: Passt die Verpackung ins Regal? Lässt sie sich stapeln und transportieren? Anschließend können die Muster in Probe­märkten getestet und unterschiedlichen Verbrauchergrup­pen vorgestellt werden, um Feedback zur Praxis­tauglich­keit zu erhalten. Nach den Markt- und Logistiktests folgt der Praxistest auf Schubert-Maschinen. Dabei werden Siegeltechno­logien, Material­dicken und Prozessparameter geprüft, um sicherzustellen, dass Verpackung und Anlage optimal zusammenspielen. So lassen sich notwendige Anpassungen identi­fizieren und die Effizienz der Produktion gewährleisten. Neben Technik und Regulatorik müssen auch die ­Kosten stimmen. Dafür wird nach dem Maschinen-Check eine Kal­kula­tion für den Umbau (Capex) erstellt. Gemeinsam mit Berndt+Partner werden zudem die laufenden Kosten (Opex) berück­sichtigt – etwa Materialpreise oder Lizenzgebühren für Pack­stoffe. Auf dieser Basis erhalten Hersteller eine fundierte Entscheidungsgrundlage, welche Maßnahmen sie umsetzen möchten.

Vom Gesetzestext zur Linie

Die Umsetzung der PPWR ist mehr als ein regula­torisches Pflichtprogramm – sie verlangt detaillierte Analysen, tech­nisches Know-how und konsequente Praxistests. Mit ­Impact Check, Readiness Check und Prototyping zeigt das Packaging Competence Center, wie sich Gesetzestexte in konkrete Verpackungs­lösungen übersetzen lassen. Hersteller sichern sich so nicht nur die Vermarktbarkeit ihrer Produkte in der EU bis 2030, sondern stellen ihre Prozesse auch technisch und wirtschaftlich zukunftsfähig auf.