Till Isensee und Liane Miller

Tiliscos Kolumne

„Was erlauben EU?“ *

Mechanisches PET-Recycling funktioniert in weiten Teilen Europas wie ein Uhrwerk – zuverlässig, effizient und vorbildlich. Perfekter Moment also, um es durch eine teurere, umweltschädlichere und weniger sinnvolle Lösung zu ersetzen. Logik? Pustekuchen!

Man stelle sich vor: In weiten Teilen Europas funktio­niert das Pfandsystem für PET-Flaschen reibungslos. Sehr hohe Rücklaufquoten, saubere Sortierung, hoch­wertige Rezyklate – und mechanisches Recycling, das als Paradebeispiel gilt. Und was fällt der EU dazu ein? Richtig: chemisches Recy­cling genau hier einzuführen zu wollen. Klingt absurd – und doch wurde mit der Veröffent­lichung des Konsultations­entwurfs am 8. Juli 2025 zur Zulassung des chemischen Recyclings für PET-Einweg­flaschen genau dieser Schritt offiziell angestoßen. Erinnern wir uns. Chemisches Recycling ist das, was man landläufig „energie­hungrig“ nennt – nur eben im XXL-Format. Mehr CO₂-Ausstoß, höhere Kosten und logischerweise günstiger in Ländern wie China. Dort rüstet man gerade Kapazitäten von 200.000 Tonnen PET-Rezyklat aus chemischen Recycling pro Jahr hoch. Das ist mal eben 50.000 Tonnen mehr als der größte mecha­nische Recycler in der EU überhaupt schafft. Alles offiziell „recycelt“ – obwohl niemand bei chemisch recycelten Recyclat beweisen kann, das es wirklich aus Abfall stammt. Aber hey: Wenn’s in den Papieren gut aussieht, passt das schon, oder? Jetzt mal im Ernst: Für schwer recycelbare Kunststoffe wie Polyolefine für den Lebensmittelbereich, PET-Trays mit klein­teiligen Sammelströmen, uneinheitlicher Quali­tät, kann chemisches Recycling eine clevere Lösung sein. Aber Pfand­flaschen aus einem nahezu perfekten Kreis­lauf zu reißen, ist in etwa so sinnvoll, wie das Dach neu zu decken, während das Haus abbrennt. Der Green Deal der EU will Material lokal ­halten, kurze Wege schaffen und Ressourcen schonen. Und hier ­sollen wir es nun vom anderen Ende der Welt heran­karren – eine kreative Idee, vor allem, wenn schon der Transport jede Ökobilanz ruiniert und hiesige Recycler unter dem Preisdruck zusammenbrechen. Falls jemand ernsthaft erklären kann, warum man das ­einzig funktionierende ­Kunststoffrecyclingsystem Europas schwächen sollte – und dabei CO₂-Ziele, Ressourcenschonung und regionale Wertschöpfung gleich mit ent­­sorgt – wir bei Tilisco hören gern zu. Hoffen wir, dass es sich, wie so oft, um einen politischen Testballon han­delt, der bei entsprechen­dem Gegenwind wieder einge­holt wird.

Internet: tilisco.de

*) Analogie Trapattoni