Rückverfolgbarkeit gewährleisten

PPWR: Tinte unter Druck

Bilder: Domino

Von Tintenlimits über QR-Codes bis zu De-Inking-Anforderungen – die EU-Verpackungsverordnung stellt Druckfarben und Etiketten vor grundlegende Veränderungen.

Die neuen Regelungen der PPWR greifen tief in das Verpackungsdesign ein. Auch der Umgang mit Druckfarben und Etiketten wird zur Schlüsselaufgabe für Marken, Verpackungsentwickler und Zulieferer. Natasha Jeremic, Ink Development Manager bei Domino Printing Sciences, zeigt in diesem Beitrag, welche Herausforderungen die Branche erwarten – und welche Rolle PPWR-konforme Druckfarben für Wiederverwendungs- und Recyclingprozesse spielen.

Weniger Tinte, mehr Information

Die Minimierung des Gesamtgewichts und Volumens von Verpackungen gehört zu den Kernzielen der PPWR. Verpackungsdesigner sollen kompaktere und leichtere Lösungen entwickeln, die weiterhin Schutz-, Informations- und Werbefunktionen erfüllen. Auch wenn für den Druck kleiner Etiketten weniger Tinte benötigt wird, empfehlen die Richtlinien „Designing for a ­Circular Economy“ (D4ACE), den Tintenanteil auf maximal 5 Prozent des Verpackungs­gewichts zu begrenzen. Das soll Verunreinigungen während des Recyclingprozesses verringern – ein Grenzwert, der künftig voraussichtlich weiter sinken wird. Diese Vorgaben wirken sich direkt auf das Etikettendesign aus. Viele Markeninhaber und Verpackungsentwickler prüfen deshalb, ob bedruckte Etiketten durch Direktdruck ersetzt werden können. Dabei kommt zunehmend Inkjet-Tech­nologie zum Einsatz, etwa beim Aufbringen von QR-­Codes auf Flaschendeckeln. Solche Codes, unterstützt durch GS1-Standards, ermöglichen den Zugriff auf Produktinformatio­nen in Online-Datenbanken. Das reduziert den Tintenbedarf und macht den knappen Druckraum effizienter nutzbar. Verbraucher können die Codes einfach mit dem Smartphone scannen – und erhalten Zugang zu allen relevanten Angaben, die bislang auf der Verpackung selbst aufgedruckt waren.

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Wenn Haltbarkeit und Recycling kollidieren

Neben der Reduzierung von Verpackungen schreibt die PPWR auch konkrete Wiederverwendungsziele für verschiedene Verpackungskategorien vor. Über die ­Einzelheiten der Wieder­verwendungssysteme mit standardisierten ­Behäl­tern wird derzeit noch verhandelt. Klar ist jedoch: Eine dauerhafte Kennzeichnung zu Rückverfolgungszwecken wird er­forderlich sein – wie diese erfolgt und welche Haltbarkeit sie haben muss, eröffnet Raum für Innovationen. Unterschiedliche Formulierungen sind nötig, um den teils gegensätzlichen Anforderungen an Haltbar­keit und De-Inkbarkeit gerecht zu werden. So müssen beispielsweise Marken-, Produkt- und Gebrauchsinformationen mit Tinten aufgebracht werden, die hohen Temperaturen beim Waschen und Vorbereiten der Behälter standhalten. Auch QR-Codes zur Rückverfolgung und Rückgabe müssen dauerhaft lesbar bleiben. Variable Daten wie Chargencodes, Produktions- und Haltbarkeitsangaben hingegen erfordern Tinten, die sich im Recyclingprozess leicht entfernen lassen. Alternativ können auch Etiketten für diese variablen Informationen eingesetzt werden, da sie sich nach Gebrauch einfacher ablösen und erneuern lassen.

Farben im Kreislaufstress

Die PPWR erweitert die Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit: Künftig müssen für jedes Verpackungselement Angaben zu Materialien, Herkunft, Rezyklatanteil, Wiederverwendung oder Recycling sowie zu bedenklichen Stoffen ­direkt auf der Verpackung vermerkt werden. Zudem schreibt die Verordnung höhere Anteile an Rezyklat oder den Einsatz alternativer faser­basierter, kompostier­barer Materialien vor. Diese Substrate stellen Entwickler von Verpackungs­drucktinten vor neue Herausforderungen, da Haftung, Durchlässigkeit und Farbintensität je nach Ma­terial variieren und die Druckleistung umfassend getestet werden muss. Hersteller von Tinten und Verpackungen müssen deshalb Lösungen finden, die Funktionalität, Verbrauchersicherheit und Werbewirkung der Verpackungen gleichermaßen gewährleisten – besonders bei sensiblen Anwendungen wie Lebensmittel-Verpackungen. Neue Beschichtungen, Tintenformulierungen und Primer sind hier zentrale Ent­wick­lungsfelder. Im Hinblick auf die Wiederverwertbarkeit müssen Etiketten, Tinte und Druck rückverfolgbar sein, und das DeInking ist von besonderer Bedeu­tung, da Farbpigmente und groß­flächi­ge UV-Lacke das Recycling bekannter­maßen erschweren. Für die Wiederverwertbarkeit spielen sowohl Rückverfolgbarkeit als auch De-Inking eine Schlüssel­rolle, da Pig­mente und großflächige UV-Lacke das Recycling erheblich erschweren. Bereits heute wird an Verfahren, Materialien und Klebstoffen gearbeitet, die das Entfernen von Etiketten und Tinten bei niedrigeren Temperaturen als den bisherigen 65 bis 85 °C ermöglichen. Ebenso gewinnt die Eliminierung kritischer Stoffe, die auf der Ausschlussliste der EuPIA stehen, an Bedeutung, um Verunreinigungen im Rezyklat und Risiken für die Verbrauchersicherheit zu vermeiden.

Im Hinblick auf die Wiederverwertbarkeit müssen Etiketten, Tinte und Druck rückverfolgbar sein.
Natasha Jeremic Ink Development Manager Domino Printing Sciences

Von der Pflicht zur Chance

Die PPWR markiert nicht nur einen regulatorischen Einschnitt, sondern auch eine Chance für die Branche. Druckfarben, Etiketten und Verpackungsmaterialien ­müssen künftig weit mehr leisten als bisher – von reduzierter Tintenmenge über De-Inking-Fähigkeit bis hin zu digitaler Rückverfolg­barkeit. Wer früh in Forschung, Entwicklung und Kooperation investiert, kann den Wandel aktiv gestalten und Wettbewerbsvorteile sichern. Klar ist: Die kommenden Jahre werden zu einer entschei­denden Phase, in der sich zeigt, welche Technologien und Materialien das Potenzial haben, Kreislaufwirtschaft und Markenpräsenz gleichermaßen voranzubringen.